Wer leitet ein Unternehmen? Der Chef.

Ist doch klar, oder? Zumindest für Günther Jauch und seine beliebte Quizshow „Wer wird Millionär?„. Gerade lief eine ganz besondere Ausgabe: das „Chef & Angestellten Special„. Untertitel: „Wenn der Chef zum Glücksboten wird“. Wie die Verteilung von Vorgesetzten und Angestellten in diesem Special aussah, zeigte schon der Trailer: drei männliche Chefs und drei weibliche Angestellte.

In der RTL-Vorschau hieß es dazu:

„‚Wer wird Millionär?‘ gibt in einem neuen Special den Chefs großer deutscher Unternehmen die Chance, für jeweils einen ihrer Mitarbeiter zum Glücksboten zu werden“

„Einen ihrer Mitarbeiter“ also – allerdings entpuppte sich der am Ende jedesmal als Mitarbeiterin. Was in der Ankündigung keinerlei Widerhall fand. Die „Chefs großer deutscher Unternehmen“ hingegen waren männlich. Zusammengefasst: ein Mitarbeiter ist weiblich, ein Chef ist männlich. Nach Ansicht von RTL zumindest.

Wurden dann die Frauen, also die Angestellten, eigentlich wenigstens gefragt, ob sie überhaupt mitmachen wollen? Nein, sie wurden vor laufender Kamera zwangsbeglückt. Von ihren Vorgesetzten. „Ich nehme Sie mit zu ‚Wer wird Millionär‘!“, verkündeten die Herren, und es klang in den Zusammenschnitten bei keinem der drei, als hätten sie den Frauen die Chance gegeben, nein zu sagen, ohne dass die Ablehnung Folgen gehabt hätte.

Nun ist die Entertainment-Sparte von RTL ohnehin keine Vorreiterin in Sachen Gleichberechtigung und Klischeebefreiung; aber verantwortlich für diese Sendung und die Auswahl der Kandidat_innen war auch noch eine Frau: Endemols „Head of Quiz and Entertainment“ Gabriele Abegg-Karmalker.

Du wirst vielleicht denken: „Was soll’s? Ist doch nur eine einzige Show.“ Es ist aber nur eine Show von vielen, die ähnlich gestrickt sind in Sachen Gleichberechtigung (Gleich-was?). Und „Wer wird Millionär?“ ist eine der beliebtesten Sendungen im deutschen Fernsehen. Gerade deshalb ist es ein Armutszeugnis für eine Sendung, einen Sender und für eine weibliche Verantwortliche, ein derart überkommenes Bild künstlich am Leben zu halten. RTLs Zielgruppe hätte ganz bestimmt keinerlei Schmerzen erlitten, hätten da auch ein, zwei Chefinnen großer deutscher Unternehmen gesessen.

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thea

2 Gedanken zu „Wer leitet ein Unternehmen? Der Chef.“

  1. Witzig, gestern bereitete ich einen Blogpost für heute vor, ohne hier reingelesen zu haben. Aber es geht um meine Praktikantin und mich, die Chefin. Obwohl ich in der Textscheune ohne Mitarbeiter keine Chefinnen-Allüren pflege. ;-)
    – Chefin taucht wirklich in der Mehrzahl des Gebrauchs ironisch auf. Sagt der Gatte zur Gattin: „Ja, Chefin, geht klar!“ –

    Wer wissen möchte, wie eine Praktikantin die Chefin einen Tag lang begleitete, bitte hier entlang: http://textscheune.de/fundstueck-praktikantin-in-der-textscheune-zukunftstag/619
    (Jeder Beitrag verändert Denkmuster stückchenweise.)

    Antworten
    • Wie süß – die Praktikantin kommt mir sehr bekannt vor. :-) Ein sehr gutes Interview von ihr! Und Du hast völlig recht damit: „Jeder Beitrag verändert Denkmuster stückchenweise.“ Deshalb gibt’s auch thea.

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