Unser Mann für Hamburg

In Hamburg ist bald Bürgerschaftswahl. Die FDP gibt dabei, so meint sie selbst, die Richtung vor und schickt diesmal einen Mann ins Rennen. Oder?

Screenshot von https://www.fdphamburg.de/hamburg-gibt-die-richtung-vor/
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Was will uns die FDP wohl damit sagen? Der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Claas Voigt zitiert sich selbst auf der Website der Partei dazu so:

“Wir haben absichtlich einen provozierenden Aufschlag mit dieser Kampagne gewählt, die natürlich in den kommenden Wochen mit politischen Botschaften weitergeht”.

Als wäre dieses Plakat keine politische Botschaft. Kandidatin Katja Suding selbst äußert sich dazu in der Hamburger Morgenpost wie folgt:

„Das Plakat darf man mit einem ironischen Augenzwinkern sehen. Es geht darum, dass wir Entschlossenheit und Durchsetzungsstärke signalisieren wollen.“

Aha, alles klar. Man könnte das Ganze aber auch so deuten:

  1. „Unser Mann für Hamburg“ im Zusammenhang mit Sudings Aussage heißt nichts anderes, als dass Entschlossenheit und Durchsetzungsstärke bei der FDP als rein männliche Züge angesehen werden. Dass auch nur diese Züge in der Politik was bringen (s. auch Punkt 2). Und nur, wenn eine Frau sich als Mann oder männlich darstellen, sich männliche Züge bescheinigen und sich solche Kampagnen gefallen lässt, darf sie weiterhin an der FDP-Politik teilhaben und dabei mithelfen, die bundesweit aus Gründen so desolate Partei über die mageren 6,7 Prozent der letzten Bürgerschaftswahl zu bringen.
  2. Bei der Bürgerschaftswahl 2011 (s. Plakat unten) durfte Katja Suding noch lächeln. Die Botschaft ist „positiv“, freundlich, zugewandt, weich, weiblich (zu Deutsch: harmlos) – und das krasse Gegenteil von „Entschlossenheit und Durchsetzungsstärke“. Das nette Lächeln von nebenan brachte dann auch nur 6,7 Prozent – Zeit, die Männer jetzt wieder ans Ruder zu lassen. Und wenn man keinen guten Mann in der Partei hat, muss wohl die Frau mal eben einen mimen. In Schwarzweiß, schmucklos und ohne Lächeln.
  3. Um aber die Feminist_innen nicht ganz zu vergrätzen, und um es für die jungen Wählerinnen ein bisschen hübsch zu machen, gibt’s noch ein bisschen Pink und Lila im Bild.
  4. Auch die hamburgische FDP hat ganz offensichtlich keine Inhalte mehr. Sie hat nichts mehr, was sie unserer Gesellschaft bieten kann, außer patriarchalem, rückwärtsgewandtem Denken. Kein Wunder, dass sie bundesweit kaum noch Rückhalt in der Bevölkerung findet.
  5. Mit ihren Erklärungsversuchen (s. o.) wollen Voigt und Suding wohl auch den möglichen Einwänden von Feminist_innen von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen. Wer in sexistischen Zusammenhängen behauptet, das sei doch lustig gemeint, meint i. d. R. auch: wer das nicht so sieht, hat keinen Humor. Ein typisch sexistisches Totschlagargument, das insbesondere gegen Frauen und Feminist_innen benutzt wird.
Screenshot von https://www.fdphamburg.de/ja-zum-neustart/
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Dabei hatte diese Partei mal was zu sagen, war viele Jahre Teil der Regierungskoalition und bis 2013 immer im Bundestag vertreten. Und was wäre die neuere Geschichte unseres Landes ohne den Satz „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise –“ (Ex-Außenminister und FDP-Urgestein Hans-Dietrich Genscher vor 25 Jahren). Doch jetzt erklärt sich die FDP wohl endgültig bankrott mit diesem offensichtlichen Eingeständnis, dass sie nur noch Sexismus kann. Wenn dieses Wahlplakat aus Hamburg die Richtung für die Bundes-FDP sein soll, kann man die von Voigt angekündigten „echten“ politischen Inhalte ja kaum erwarten, oder?

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thea

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