Über den Umgang mit erfolgreichen Frauen – Heute: Hillary Clinton

Sie wird zum zweiten Mal für das mächtigste Amt dieser Welt antreten: die Politikwissenschaftlerin, Rechtsanwältin, Ex-Senatorin und ehemalige Außenministerin der USA, Hillary Rodham Clinton. Und was schreibt die Presse nun, da sie Präsidentschaftskandidatin wird?

Die FAZ Online titelt z. B.:

Screenshot https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/hillary-clinton-vor-kandidatur-grossmutter-bitte-uebernehmen-sie-13532752.html (abgerufen 12.04.2015)
Screenshot https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/hillary-clinton-vor-kandidatur-grossmutter-bitte-uebernehmen-sie-13532752.html (abgerufen 12.04.2015)

Und dann schickt Autor Winand von Petersdorff-Campen noch hinterher:

„Hillary Rodham Clinton ist eine 67 Jahre alte Politikerin, die Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika werden will.“

Was ungefähr so klingt, als würde ein kleines Mädchen dem alten Onkel erklären, sie wolle mal Präsidentin werden, wenn sie groß ist. Und wie schreibt Petersdorff-Campen über Clintons Gegner?

„Mit Ted Cruz und Rand Paul sind schon zwei größere Kaliber der Republikaner im Rennen, am Montag folgt dann Mark Rubio. Ein paar Demokraten scharren noch mit den Hufen, der Vizepräsident Joe Biden, ein früherer Senator aus Virginia, ein früherer Gouverneur aus Maryland […]“

Kein Wort über deren Alter, Familienverhältnisse und Wunschvorstellungen. Joe Biden ist z. B. 72 Jahre alt und ebenfalls Großvater, was dem Autor aber keine Erwähnung wert ist. Stattdessen zählt er die Herren anhand ihrer Ämter auf – und wo sind die von Hillary Clinton?

Erst im 11. und vorletzten Absatz, nachdem er viel über Gefühle geschrieben und, nochmal auf seine Überschrift zurückkommend, das Enkelkind Clintons erwähnt hat, kriegt der Autor halbwegs die Kurve:

„[Amerika] würde allerdings eine sehr erfahrene Kandidatin bekommen. Als frühere First Lady, die sogar ein Amtsenthebungsverfahren miterleben musste, als Außenministerin, als langjährige politische Aktivistin ist Clinton auf alles vorbereitet, was das Amt verlangt“

Ach, guck.

Nochmal zur Erinnerung: Hillary Clinton ist

  • Politikwissenschaftlerin,
  • Rechtsanwältin,
  • ehemalige Senatorin des Bundesstaates New York,
  • ehemalige Außenministerin der USA und
  • möglicherweise die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten und damit die mächtigste Frau dieser Welt.

Diese kluge und außergewöhnlich erfolgreiche Frau nun gleich zu Beginn des Artikels auf ihr Alter und ihr Großmutterdasein zu reduzieren, während die Männer über ihre Ämter definiert werden, ist respektlos, sexistisch und diskreditiert nicht Clinton, sondern den Autor.

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thea

3 Gedanken zu „Über den Umgang mit erfolgreichen Frauen – Heute: Hillary Clinton“

  1. Was??? Die USA sind um Lichtjahre weiter als Deutschland? Nun… vermutlich habe ich zu lange in Leipzig und bei Potsdam gewohnt, um einen realistischen Blick auf deutsche Sexismus-Verhältnisse zu haben (die ich trotzdem für katastrophal halte). Die US-amerikanischen Menschen, die ich kenne, berichten aber nichts, was diese positive Einschätzung der USA bestätigen würde. Vielleicht kenne ich nur die falschen?

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